Wenn Schwalben vom Himmel fallen

Rauchschwalbe. Foto: Nabu, Reinhard Paulin.

Haller ermöglicht vielen Sommerboten ein Zuhause

Ein Beitrag von Dirk Blome und Martina Vogt

Kreis Gütersloh: Fast die Hälfte des Jahres leben Schwalben in unseren Breiten. Die oft auch als Sommerboten bezeichneten Zugvögel überwintern südlich der Sahara. Sie verabschieden sich ab September/Oktober und kommen ab Ende März bis Mitte Mai aus ihren Winterquartieren nach Mitteleuropa zurück.

Jedes Jahr aufs neue zählt Jörg Detert mehrere Schwalbennester auf seiner Deele in der Nähe von Halle/Westfalen. Damit die bedrohten Tiere dort problemlos ein- und ausfliegen können, nimmt der Vogelliebhaber im Frühjahr eine Scheibe aus der Deelentür heraus. „Sobald sich unsere Schwalben im Herbst wieder verabschieden, setze ich die Scheibe wieder ein“, erzählt er.

Um den Tieren weitere Brutplätze zu ermöglichen, brachte Detert auf seiner Deele künstliche Nester an, in der Hoffnung, dass die Tiere auch dort anfangen zu brüten. „Rauchschwalben zum Beispiel bauen ihre Nester an den Balken unter der Decke der Deele“, weiß er. Um die Verschmutzung auf der Deele einzugrenzen, spannt der Familienvater große Stoff-Segeltücher über die dort stehenden Möbel. „Die Fürsorge für die Tiere beinhaltet auch ein bisschen Arbeit. Jedes Jahr müssen wir neu streichen, denn der Kot landet sogar an den Wänden.“

In Zahlen:
Im Frühjahr 2022 brüteten sechs Elterntiere auf der Deele der Familie Detert. Vier bis fünf Schwalbenküken waren es pro Nest, insgesamt sind daraus circa 20 Jungtiere entstanden.

Wie kam es eigentlich zu Deterts Liebe für die Schwalben? „Vor einigen Jahren fing es an; da saß ich mit meiner Familie auf der Deele, das Tor war weit geöffnet und schwupps: Da flog alsbald ein Schwalbenpärchen hinein und brütete gleich zweimal. Im darauffolgenden Jahr kam das Pärchen zu uns zurück. Und so geht es seitdem Jahr für Jahr weiter“, erzählt Jörg Detert. „Wir haben Freude an und mit unseren Schwalben. Unsere Kinder sind damit aufgewachsen. Sie kümmern sich auch ab und an um die Vögel, wenn ich mal keine Zeit habe. Ab und zu fällt ja auch mal einer aus dem Nest oder verirrt sich in unseren Hausflur. Wenn das passiert, ist schnelle Hilfe nötig: Dann wird das verlorengegangene Jungtier vorsichtig aufgehoben und wieder zurück ins warme Nest gelegt.“

Schwalbenfamilie auf der Deele von Familie Detert aus Halle. Foto: J. Detert

Und der Hofbesitzer fügt hinzu: „Die Liebe zu den Schwalben liegt wohl in der Familie. Früher kümmerte sich schon mein Onkel um verschiedene Vogelarten. Davon ist auf jeden Fall ein bisschen was abgefärbt.“ Er und seine Familie freuen sich schon auf den Frühling, wenn die Schwalben heimkehren auf den Hof der Deterts, der vom Nabu Kreisverband Gütersloh bereits als Schwalbenfreundliches Haus ausgezeichnet wurde.

Rauchschwalbe. Foto: Nabu, Reinhard Paulin

Wie wichtig der Schutz und das Bereitstellen von Nistmöglichkeiten von und für Schwalben ist, kann nicht oft genug gesagt werden. Sowohl Rauch- als auch Mehlschwalben nehmen seit geraumer Zeit stark in ihrem Bestand ab. Das war nicht immer so. Jahrhundertelang galten beide Arten als oft und gern gesehene Mitbewohner auf den Dörfern und in den Städten. Doch gerade hier gibt es für sie immer weniger Nistmöglichkeiten und es fehlt den Tieren an Nahrung. Durch den plötzlichen Kälteeinbruch Ende September 2022 gerieten die Schwalben in einen Zugstau. Viele starben, weil sie kaum Nahrung (Schwalben ernähren sich überwiegend von Fluginsekten) finden konnten. Die Tiere fielen buchstäblich vom Himmel, laut Naturschützern.

Das Schwalbensterben bestätigte unlängst Nabu-Vogelschutzexperte Martin Rümmler: „Gerade Arten wie Schwalben sind auf Fluginsekten angewiesen, um ihren Energiebedarf zu decken. Bleiben diese aus, weil zum Beispiel ein hartnäckiges Schlechtwettersystem einen Insektenflug kaum zulässt, haben die Vögel auch nichts zu knabbern.“ Regne es dann noch viel und sei kalt und windig, kämen die Tiere schnell an ihre physischen Grenzen. „Das kann öfter der Fall sein während des Vogelzugs, wenn es zum Beispiel aufgrund von schlechtem Wetter zum sogenannten Zugstau kommt (…)“.

Die gute Nachricht lautet: Wir können unsere Sommerboten einfach unterstützen. Sobald die ersten Rauchschwalben gegen Ende März zurückkehren und Mitte April die Mehlschwalben folgen, können wir mit Nisthilfen und insektenreichen Gärten auf sie warten.

Die Mehlschwalbe fühlt sich in der Stadt am wohlsten. Sie baut ihre Nester bevorzugt an rau verputzte Hauswände oder unter gut geschützte Dachvorsprünge. Gern benutzen die Kulturfolger alte vorhandene Nester und pimpen diese mit frischem Lehm wieder aus. Alternativ kann man den Tieren unter Vorsprüngen in mindestens 2,5 Meter Höhe Kunstnester errichten.

Rauchschwalben sind dagegen echte Landeier und wohnen offensichtlich ganz gern auf dem Dorf. Dort finden sie genügend Nahrung, vor allem in den Rinder- und Pferdeställen. Ihr Nest bauen sich Rauchschwalben gern an Balken oder an Mauervorsprüngen in Ställen, Scheunen oder Carports. Dabei ist es wichtig eine Einflugluke für die Tiere zu lassen.