Waldgrabstätte am Haller Lotteberg. Foto: M. Vogt
Von Martina Vogt
Teil 3: Exkursion zur Waldgrabstätte am Haller Lotteberg
Kreis Gütersloh: Nicht schlecht staunte ich, als ich während der im Herbst (2022) geführten NABU-Exkursion sah, was sich alles hinter dem Naturschutzgebiet „Gartnischberg“ verbirgt: ein von Buchen- und Buchenmischwäldern dominierender Stadtwald, extensives Grünland – nur noch sehr selten zu findende Kalkmagerrasen, eine jahrhundertealte Waldgrabstätte und ein unter Naturschutz gestellter Steinbruch.
Wilhelm Gröver und Wolfgang Schulze, beide sind ehemalige Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Gütersloh, Annette Pagenkemper, ebenfalls vom Kreis, Stephan Borghoff, Umweltbeauftragter der Stadt Halle und Ingo Jürgens von der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld führten uns und etwa 20 Naturinteressierte durch einen Teil des über 100 Hektar umfassenden Naturschutzareals, das im Stadtgebiet Halle liegt. Das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) „Östlicher Teutoburger Wald“ umfasst im Kreis Gütersloh mit rund 1.000 Hektar den Oberkreide-Kalkzug von Borgholzhausen bis Bielefeld. Die Waldbereiche im Gartnischberg gelten teilweise als gesetzlich geschützte Biotope.
Link zum 1. Teil des Berichts Naturschutzgebiet „Gartnischberg“ / Buchen- und Buchenmischwälder
Link zum 2. Teil des Berichts Naturschutzgebiet „Gartnischberg“ / Steinbruch Gödeke
Nachdem wir den Steinbruch Gödeke hinter uns gelassen haben, führt unser Weg zurück in den schattig-kühlen Stadtwald. Dort gibt es eine weitere Besonderheit, die sich unter dem Grün der Bäume versteckt und ohne ortskundige:n Führer:in gar nicht so leicht zu finden ist: Es sind jahrhundertealte Waldgrabstätten, sogar mehrere zusammenhängende, die sich mitten im Wald befinden. Diese Grabstätten sind über 200 Jahre alt.
Was wir heute unter dem Begriff „Friedwald“ als innovativ im Bestattungswesen betrachten, war für die Haller im 19. Jahrhundert selbstverständlich und keine Neuheit. Zur damaligen Zeit schon (ab 1811) ließen sich bürgerliche Familien aus Halle mitten im Teutoburger Wald (am Haller Lotteberg) beerdigen. „Dieser Gedanke wurde aus der Not heraus geboren aufgrund der katastrophalen Überbelegung des Kirchhofes rund um die Johanniskirche in der Stadt, dem Haller Herz“, berichtet Stephan Borghoff, Umweltbeauftragter der Stadt Halle.
„Da die Bevölkerungsentwicklung weiter voranschritt genau wie die hygienischen Missstände verbot der Preußenkönig Friedrich der Große – Halle gehörte damals zu Preußen – weitere Begräbnisse in der Stadt“, so Borghoff weiter. „Diejenigen, die es sich leisten konnten, wie etwa Kaufleute, Bäcker oder Verwaltungsbeamte, freundeten sich mit dem Gedanken an, einen Ruheplatz rund um den Teuto zu finden. Ein privates Begräbnis mitten in der Natur.
Ab 1820 entstanden die Gräber, die wir hier vor uns sehen“, verdeutlicht uns Stephan Borghoff mit einem Fingerzeig. Wohlhabendere Familien wie zum Beispiel Familie Schultz, Wethöner oder Familie Potthoff haben hier ihre Grabanlagen. Es waren hohe Beamte und Freimaurer, deren letzte Ruhestätte hier noch eindrucksvoll sichtbar ist. „Einen neuen öffentlichen Friedhof erhielt Halle im April 1828, dem heutigen Skulpturenpark – Alter Friedhof. Und damit war es dann vorbei mit den Waldbegräbnissen“, bemerkt Borghoff.
Heute finden sich im Haller Stadtwald noch 34 künstlerische und individuell gestaltete Grabstätten mit verschiedenen Skulpturen und Sarkophagen bis hin zu einem kleinen Grabhaus. Fast alle Grabmale sind in Teutoburger Sandstein ausgeführt und relativ stark verwittert.
Einige Tafeln auf dem Friedhof geben Informationen darüber, wie der Friedwald entstanden ist und über die Familien, die hier begraben sind. Weitere Gräber liegen im Naturschutzgebiet Knüll-Storkenberg beziehungsweise in der Nähe der ehemaligen Gaststätte Grünenwalde.