Naturschutzverbände und -organisationen fordern eine sorgfältige Standortprüfung
bezüglich des Naturraums Holtkamp-Ströhen. Foto: Meinolf Ottensmann
Update vom 05.12.2023
Steinhagen: Mit der Forderung nach einer anderen Standortwahl für die geplante Phasenschieber-Anlage im Naturraum Holtkamp-Ströhen haben Umwelt- und Naturschutzverbände aus dem Kreis Gütersloh und Bielefeld (darunter der NABU Gütersloh, NABU Bielefeld, GNU, BUND, Pro Grün, Aktionsbündnis „Rettet den Naturraum Holtkamp-Ströhen“ u. w.) jetzt in Form eines offenen Briefes an den Dortmunder Netzbetreiber Amprion appelliert.
Die Organisationen und Verbände lehnen den Bau eines neun Hektar großen Strom-Transformators im besagten Gebiet aus Naturschutzgründen ab. Laut Jürgen Albrecht (NABU Bielefeld) werde der Bau und Betrieb der Phasenschieber den Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen gefährden, darunter die in NRW stark bedrohten Arten Knäkente (Rote Liste), Steinkauz, Großer Brachvogel, Kiebitz und Rebhuhn. Für letztere bestünden für das Gebiet Holtkamp langjährige EU-Ackernaturschutzverträge, die den bedrohten Arten als Lebensraum und Brutplatz dienen, bestätigt Claudia Quirini-Jürgens (Naturwissenschaftlicher Verein für Bielefeld und Umgegend, NWV).
Bei der Energiewende spricht sich der BUND ausdrücklich für dezentrale, verbrauchsnahe Strukturen aus. „Wenn (…) ein Netzverknüpfungspunkt erforderlich ist, sollten (…) bestehende Umspannwerke genutzt werden“, so Birgit Lutzer (BUND Kreis Gütersloh). Tilman Rhode-Jüchtern (Pro Grün) ergänzt: „Es ist besser, bereits vorbelastete Standorte zu wählen, selbst wenn diese weiter entfernt von der Stromtrasse sind.“
(…) Die Naturschutzverbände und -organisationen fordern den Netzbetreiber Amprion auf, schlüssig nachzuweisen, weshalb die Phasenschieber-Anlage nicht auf vorhandenen Werksflächen und unter Nutzung vorhandener Komponenten in bestehenden oder stillgelegten Anlagen an anderer Stelle im Netz erstellt werden kann. Eine solch emissionsträchtige Großanlage muss vorrangig an bereits vorbelasteten und erschlossenen Standorten platziert werden und darf nicht neue Emissionsquellen in unbelasteten, naturschutzfachlich hochwertigen und ruhigen freien Landschaftsteilen begründen. (…)
Auszug aus dem offenen Brief der Naturschutzverbände und -organisationen
an den Netzbetreiber Amprion GmbH
Die Naturschutzverbände wandten sich ebenfalls an die Bundesnetzagentur und forderten eine sorgfältige Prüfung der geplanten Standortwahl Holtkamp-Ströhen. Laut dem Dortmunder Netzbetreiber Amprion sei nach wie vor offen, wo genau der Phasenschieber im Kreis Gütersloh gebaut werden soll.
Der Naturraum Holtkamp-Ströhen darf nicht zerstört werden. Wir vom NABU Kreisverband Gütersloh sprechen uns für den Klimaschutz aus, jedoch darf er nicht auf Kosten des Artenschutzes betrieben werden. Im Gebiet Holtkamp-Ströhen leben viele seltene und gefährdete Tiere und Pflanzen. Durch das Einbringen eines Phasenschiebers würden sie ihren Lebensraum verlieren. Das darf nicht geschehen. Es hat keinen Mehrgewinn, wenn zugunsten des Klimaschutzes gefährdete Arten geopfert werden. Der Naturraum Holtkamp-Ströhen muss erhalten bleiben. Kein Klimaschutz ohne Artenschutz!
Stellungnahme des NABU Kreisverbands Gütersloh
Bielefeld/Gütersloh, Juli 2023: Die Nachrichten zum Thema Amprion und dem geplanten Bau eines Riesen-Transformators im Naturraum Holtkamp-Ströhen häufen sich – genau wie die Stimmen der Naturschützer:innen, die das nicht einfach so hinnehmen wollen: Vergangenen Dienstag, 11. Juli, demonstrierte das Aktionsbündnis gegen eine Amprion-Stromanlage im Naturraum Holtkamp-Ströhen erneut auf dem Alten Markt, dem Herz der Bielefelder Altstadt, und äußerte seine Bedenken bezüglich des Großprojekts des Dortmunder Netzbetreibers Amprion.
In einer Info-Veranstaltung erläuterten die Dortmunder Ende April 2023 in Brockhagen, dass ein „Phasenschieber“ benötigt werde, um das nördliche Übertragungsnetz von Amprion zu steuern bzw. Überlastungen im Netz zu vermeiden und so für eine optimale Netzauslastung zu sorgen. Als Teil der Energiewende sei diese Maßnahme im Bereich zwischen den bestehenden Umspann-Anlagen Hesseln und Gütersloh notwendig, um Strom von den Erzeugungsflächen an der Nordsee in die Verbrauchsflächen zu transportieren.
Bei dem geplanten Vorhaben geht es unter anderem um den Verlust von geschützten Flächen, an die neun Hektar – was in etwa der Größe von 12 Fußballfeldern entspricht – die sich zwischen Holtkamp, Isselhorst und Steinhagen befinden. Das Mammut-Projekt könnte erhebliche negative Auswirkungen auf die dort beheimatete Tierwelt haben, warnen Naturschützer:innen und Mitglieder des Aktionsbündnisses. Gemeint sind bedrohte Arten wie Kiebitz, Großer Brachvogel, Steinkauz, Kuckuck und Rebhuhn.
Bündnissprecherin Kathrin Weber weiß: „Wenn Naturschutzgebiete ihre Funktion erfüllen sollen, darf man sie nicht verinseln oder voneinander trennen.“ Der Phasenschieber würde nicht nur bedrohten Tierarten Lebensraum nehmen und sie durch Lärm im weiten Umkreis verbrämen, sondern den Kontakt zwischen den Tieren erschweren und die Population auf Dauer zum Verschwinden bringen, so Webers Befürchtung.
Hier geht’s zur Online-Petition
Der Standort ist noch nicht festgelegt. Netzbetreiber Amprion kündigte an, zwischen Blankenhagen und Hesseln drei Suchräume abzustecken, der größte sei Holtkamp-Ströhen. Sowohl NABU-Vertreter:innen als auch Mitglieder des Aktionsbündnisses warnen vor der Zerstörung wertvoller Landschaft. „Der hohe Grünlandanteil und die überwiegend kleinteilige Struktur stellen für den Arten- und Biotopschutz ein hohes Gut dar, das anderswo nur noch selten zu finden ist“, äußerte der NABU Bielefeld.
Das Gebiet Holtkamp sei zudem im Naturschutzkonzept der Stadt Bielefeld durchweg als Naturschutz-Vorranggebiet ausgewiesen und unter Schutz gestellt.
Das Aktionsbündnis hat nun eine Petition mit dem Namen „Rettet den Naturraum Holtkamp-Ströhen – Für eine möglichst naturverträgliche Energiewende“ gestartet.