Ergebnis der Schmetterlings-Zählaktion gibt Anlass zur Sorge

Fotocollage: Baumweißlinge. NABU, Martin Möckel, Kohlweißling. NABU, Kathy Büscher, Zitronenfalter. NABU, Heinz Strunk.

Nur halb so viele Falter wie im Vorjahr gemeldet | Kohlweißlinge weiterhin an der Spitze

Düsseldorf – Zum 8. Mal in Folge hatte der NABU NRW vom 15. Juni bis 15. Juli zur landesweiten Schmetterlings-Zählaktion aufgerufen. Im Fokus des vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW geförderten Projekts „Mehr Platz für Falter – Jetzt wird´s bunt!“ standen 12 Tag- und 6 Nachtfalterarten. Trotz guter Beobachtungsbedingungen, also sonnigem Wetter mit wenig Wind, in der ersten Halbzeit, zeichnete sich schon bald ab, dass die Zahlen aus dem letzten Jahr nicht erreicht werden würden. Immer wieder kam die Rückfrage, wo denn die ganzen Schmetterlinge wären. In der wechselhafteren zweiten Halbzeit der Zählaktion nahmen die Beobachtungen zwar noch etwas zu, kommen aber, trotz reger Teilnahme, nicht an die Ergebnisse, von 2022 heran. Insgesamt sind rund 17.000 Beobachtungen beim NABU NRW eingegangen, nur wenig mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr.

Den 1. Platz belegen wenig überraschend die Weißlinge mit rund 3.200 Meldungen. Mit einigem Abstand folgen auf Platz 2 und 3 Admiral und Zitronenfalter mit knapp über bzw. knapp unter 900 Beobachtungen. Auf Platz 4 landete das Große Ochsenauge (850) und auf Platz 5 und 6 der kleine Fuchs, dicht gefolgt vom Tagpfauenauge mit jeweils rund 780 Meldungen. Die Gruppe der Dickkopffalter belegt mit rund 540 Meldungen den 7. Platz, daran schließt sich auf Platz 8 die Gruppe der Bläulinge (490) an. Dieses Jahr haben es sogar zwei Nachtfalter unter die Top 10 geschafft: Die bei schwülem Wetter auch tagaktive Gammaeule belegt mit 460 Beobachtungen Platz 9 und die tagaktiven, kolibriartigen Taubenschwänzchen schaffen es mit rund 410 Meldungen auf Platz 10. Zu den außerdem gemeldeten Tagfalterarten gehören Schornsteinfeger (290), C-Falter (260), Landkärtchen (170) und Distelfalter (120). Der Weiße Schwarzaderspanner (170), der Ockergelbe Blattspanner (60), das Sechsfleck-Widderchen (40) und der Ampferspanner (10) gehören zu den Nachtfaltern.

Die Ergebnisse geben Anlass zur Sorge. „2023 ist ein außerordentlich schlechtes Schmetterlingsjahr“, kommentiert Karl-Heinz Jelinek, Schmetterlingsexperte des NABU NRW die Ergebnisse. „Der sowieso schon lange zu beobachtende Artenschwund wie auch der Rückgang der Individuenzahlen innerhalb einer Art aufgrund von Nutzungsintensivierung, Strukturverlust und Pestizideinsatz wird nun noch durch die Auswirkungen des Klimawandels verstärkt. Besonders deutlich wird dies bei Arten wie dem in den 1990ern noch häufigen Schornsteinfeger. Dieser hat seine südliche Verbreitungsgrenze im nördlichen Mittelmeerraum und verträgt Sommerhitze und Trockenheit schlecht“, erklärt Jelinek. Aber auch anpassungsfähigere Arten mit einem großen Verbreitungsgebiet suchte man in diesem Sommer teils vergeblich.

„Der dramatische Schwund der Insekten, Pflanzen und der Biodiversität insgesamt darf so nicht weitergehen!“, fordert Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW. „Schutzgebiete und sensible Bereiche in NRW müssen endlich konsequent von der Pestizidnutzung ausgeschlossen werden, und auch in der Agrarlandschaft muss der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden reduziert werden“, so Naderer weiter. Der seit Jahrzehnten immer wieder belegte Rückgang der Insekten müsse endlich die angemessene Berücksichtigung finden. Auf EU-Ebene konnte kürzlich nur mit einer knappen Mehrheit die Ablehnung des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur verhindert werden. Naderer: „Ein guter Schritt, auch wenn durch das Einwirken großer Lobbyverbände das Gesetz nur in abgeschwächter Form verabschiedet wurde.“ Einer Verordnung zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln stehe diese Hürde noch bevor. „Der Entwurf der Verordnung enthält viele wichtige und richtige Punkte. Bis dieser aber verabschiedet ist, müssen wir weiter dafür kämpfen, dass es hier in NRW nicht auch zu Abschwächungen kommt“, erklärte die NABU-Landeschefin.

Äußerst positiv sei aber das Engagement und das Interesse vieler Bürger:innen für den Insektenschutz zu bewerten. „Auch wenn es nicht viel zu beobachten gab, haben sich zahlreiche Menschen beteiligt und informiert. Sowohl zur Situation der Schmetterlinge, also auch zu Maßnahmen, die man im eigenen Garten umsetzen kann, um den Faltern zu helfen“, so Alina Pickart, naturschutzfachliche Leiterin des Schmetterlingsprojektes.

Ziel der Zählaktion ist es, auf die Lebensweise und -bedingungen der Schmetterlinge aufmerksam zu machen und die Mitmenschen für die heimische Artenvielfalt zu sensibilisieren. Es sollen aber auch möglichst viele Menschen motiviert werden, ihre Gärten und Balkone falterfreundlich zu gestalten. Denn in naturnahen Gärten mit den richtigen Pflanzen und Strukturen finden zahlreiche Schmetterlingsarten nicht nur Nahrung, sondern auch einen Lebensraum. Tipps und Anregungen für eine schmetterlingsfreundliche Gartengestaltung hat der NABU für alle Interessierten auf der Projekt-Internetseite unter www.platzfuerfalter.de zusammengestellt.

Die Meldungen der Schmetterlingszählaktion gingen über den NABU NRW und über die Onlineplattform des Kooperationspartners naturgucker.de ein. Wer in diesem Sommer weiterhin Schmetterlinge melden möchte, kann dies gerne über folgenden Link tun: http://www.naturgucker.de/

29. Juni: Bisher nur wenige Schmetterlinge gesichtet

Halbzeit bei der Schmetterlingszählung in NRW | Noch bis 15. Juli Falter zählen und dem NABU melden

Düsseldorf – Seit 2016 ruft der NABU NRW im Rahmen des Projekts „Mehr Platz für Falter – Jetzt wird’s bunt!“ zwischen dem 15. Juni und 15. Juli landesweit zur Schmetterlingszählung auf. Während im vergangenen Jahr bei ähnlich guten Beobachtungsbedingungen zur Halbzeit schon über 10.000 Schmetterlinge gemeldet wurden, kommt dieses Jahr immer wieder die Rückmeldung, dass die Bürger:innen nur wenige bis gar keine Falter entdecken können. Gerade mal 4.000 Beobachtungen sind bisher eingegangen.

„Zwar ist es ganz normal, dass im Juni weniger Falter unterwegs sind“, so Karl-Heinz Jelinek, Schmetterlingsexperte beim NABU NRW. Durch die Dürre im vergangenen Sommer fehlte aber vermutlich vielen Raupen die Nahrungsgrundlage für eine Entwicklung bis zum ausgewachsenen Falter, die wiederum für die Nachkommen in diesem Frühsommer hätten sorgen können. Das zeige sich nun an den fehlenden Faltern. Es gebe aber noch Hoffnung, denn die Faltersaison sei noch lange nicht vorbei. Mit den jetzt erfolgten Regenfällen könnten sich noch stärkere Folgegenerationen bei manchen Arten entwickeln.

Alle Interessierten können vom 15. Juni bis zum 15. Juli Schmetterlinge beobachten, zählen und dem NABU NRW im Rahmen des Projektes „Mehr Platz für Falter – Jetzt wird´s bunt!“ melden.

„Die nur in geringer Zahl fliegenden Tag- und Nachtfalter stehen beispielhaft für den Verlust und die anhaltende Bedrohung der Artenvielfalt nicht nur in NRW“, erklärte Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW. „Diese Entwicklung beobachten wir schon seit langem und immer wieder neue Studien belegen diesen anhaltenden Trend des Biodiversitätsverlustes“. Ganz aktuell zeige dies eine gemeinsame Studie der Universität Osnabrück und des Landesamtes für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV). Die Forschungsergebnisse belegten, dass die Lebensbedingungen für Tagfalter insbesondere in den intensiv genutzten Agrar- und Siedlungslandschaften des nordrhein-westfälischen Tieflands unzureichend sind. Naderer: „Seit Jahren warnen Experten und Expertinnen vor dem Biodiversitätsverlust und trotzdem wird die Landnutzung immer weiter intensiviert. Selbst in Schutzgebieten ist der Einsatz von Pestiziden noch Gang und Gäbe, sodass auch diese essenziellen Rückzugsräume massiv beeinträchtigt sind. Wir brauchen hier klare Grenzen zum Einsatz von Pestiziden und besser integrierte Förderungen für biodiversitätsschaffende Maßnahmen.“

Postillon. Foto: Heinz Strunk

Wer Faltern helfen möchte, kann dies auch im eigenen Garten tun. Die Pflanzung von heimischen Arten und das Belassen von „Wilden Ecken“ biete den Schmetterlingen kleine Oasen im Siedlungsraum. Hier lassen sie sich dann gut zählen. Bei Sonnenschein einfach für einige Zeit einen Bereich mit nektarreichen Blüten im eigenen Garten, auf dem Balkon oder im Park beobachten und die gesehenen Schmetterlinge melden. Jede Meldung, die beim NABU NRW eingeht, helfe dabei, Trends bei der Entwicklung von Faltern im unmittelbaren Siedlungsbereich ableiten zu können.

Die genaue Zählanleitung und Abbildungen der im Fokus stehenden zwölf Tagfalter- und sechs Nachtfalterarten sind auf einer Zählhilfe vermerkt, die beim NABU-Landesverband kostenfrei erhältlich ist. Flyer und Zählhilfe sind unter www.platzfuerfalter.de abrufbar. Auch weitere Arten, die nicht auf dem Zählbogen abgebildet sind, dürfen angegeben werden – denn jede Meldung zählt! Zur Auswertung sollten die ausgefüllten Zählhilfen bis zum 22. Juli entweder per Post an die Landesgeschäftsstelle des NABU NRW oder per E-Mail an falter@nabu-nrw.de geschickt werden. Die Beobachtungen können auch direkt online unter www.platzfuerfalter.de eingegeben werden.

Gefördert wird das Projekt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW. Drei Partnerinstitutionen – NABU-Stiftung Naturerbe NRW, NAJU NRW und Naturgarten e.V. – unterstützen das Projekt, ebenso wie das Portal Naturgucker.de

Tagpfauenauge. Foto: Kathy Büscher, NABU Rinteln