Kammmolch-Männchen. Foto: Dr. Burkhard Thiesmeier
Schutzprojekt für den Kammmolch ins Leben gerufen
Gütersloh: Er kann weder Feuer speien noch fliegen. Und obwohl er keine Angst und Schrecken verbreitet, trägt der „Wasserdrache“ seinen Namen völlig zu Recht, denn die männlichen Vertreter dieser Amphibienart besitzen einen gefährlich aussehenden, hohen, gezackten Rückenkamm: In Wirklichkeit aber hat der scheue Geselle den Schutz selbst am nötigsten.
Denn durch das Verschwinden von Tümpeln und Kleingewässern und der Eingrenzung seines Lebensraumes gilt der Kammmolch als gefährdet und steht auf der Roten Liste NRW. Der Kammmolch obliegt internationalem Schutzstatus (als Anhang-IV-Art der FFH-Richtlinie).
Im Frühjahr 2017 haben der NABU – Kreisverband Gütersloh und die Biostation Gütersloh / Bielefeld ein Artenschutzprojekt auf den Weg gebracht. Oberstes Ziel dabei: den Lebensraum des Kammmolches zu pflegen, zu verbessern und in seinem Sinne zu verändern.
Galerie-Fotos: Dirk Blome, Startbild: Dr. Burkhard Thiesmeier
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Mit Hilfe von Wasserfallen, so genannten Reusen, konnte der Bestand an 29 Gewässern im Kreis Gütersloh in 2018 erfasst werden. Dabei fiel auf, dass viele Kleingewässer ausgetrocknet, verödet und komplett amphibienfrei sind. Wieder andere hätten gute Lebensbedingungen geboten, waren aber voller Karpfen, Rotfedern und anderer Fische – Spezies also, die zu den Fressfeinden des Kammmolches zählen, da sie den Molch-Laich fressen und dadurch dessen Population vernichten.
Der seltene Wasserdrache konnte an zehn Gewässern nachgewiesen werden, welche sich auf das gesamte Kreisgebiet von Süd nach Nord verteilen. Die Ergebnisse deuten auf einen relativ geringen Bestand des gefährdeten Molches hin, der sehr sensibel gegenüber ungünstigen Lebensraumbedingungen ist. Die Untersuchungsergebnisse zeigen eine starke Verinselung der Populationen.
Kammmolch auf der Roten Liste
Es gibt viele Gründe, weshalb der Kammmolch in NRW und in der gesamten Bundesrepublik auf der Roten Liste steht: Die Intensivierung der Landnutzung, der Einsatz von Düngemitteln, vermehrte Schadstoffe auf den Feldern, die Trockenlegung von Gewässern, das Umbrechen von Grünland zu Acker und das Verschwinden von Randgehölzen sind nur einige Gründe dafür. Auch der Straßenverkehr spielt eine Rolle, denn bei ihren Wanderungen zwischen Winterquartier und Laichgewässer kommen die Wasserdrachen, wie auch andere Amphibien oftmals unter die Räder.
In früheren Jahren gab es deutlich mehr Tümpel, auch als Weiher bekannt. Viele Höfe hatten einen solchen, heute ist das eher selten der Fall. Und falls doch, so sind die Gewässer heute mit Fischen besetzt – mit all den unguten Folgen für die Molche.
Das Kammmolchprojekt wurde ins Leben gerufen, um dessen Bestand zu fördern. Gleichzeitig dient dieser Molch als Indikator für einen Lebensraum, an den er recht hohe Ansprüche stellt und den er mit zahlreichen anderen Amphibien, wie zum Beispiel dem „stark gefährdeten“ Laubfrosch, Insekten, Libellen, Wasserkäfern und verschiedenen Fliegenarten teilt.
Die Förderung der Insekten verbessert wiederum das Nahrungsangebot zahlreicher Vogelarten, wie das der Rauch- und Mehlschwalben, die gern über Gewässern auf Nahrungssuche gehen.
Dank der Schutzmaßnahmen wird auch die Unterwasserflora gefördert. Durch die optimierten Lichtverhältnisse können sich Pflanzen wie der Wasserhahnenfuß auf dem Gewässergrund ansiedeln. Die Wasserpflanzen sind wiederum für Amphibien bei der Eiablage von großer Bedeutung.
Unsere Erfahrungen mit Gewässeroptimierungen zeigen, wie erfolgversprechend die getroffenen Schutzmaßnahmen (dem Schwerpunkt des Projekts) sein können. Amphibien nehmen den optimierten Lebensraum sehr schnell an, wenn sich in der Nähe noch eine kleine Population befindet. Die Biologische Station konnte den Bestand des Laubfrosches regional sehr gut mit Gehölzmaßnahmen und Baggerarbeiten an einem Gewässer in Rietberg stützen. Die Population des Laubfrosches ist nach der Sanierung in 2007 stark gestiegen. Dort sind im Frühjahr bis zu 100 Laubfrösche anzutreffen und gleichfalls zu hören. Aktuell zählt es zum größten Laubfrosch-Vorkommen im gesamten Kreis Gütersloh.
Neubesiedelung mit Kammmolchen möglich
Im Jahr 2018 wurde ein geeignetes Gewässer im Kreisgebiet gefunden, an dem eine Neubesiedelung mit Kammmolchen beste Lebensbedingungen bietet. Mit dem Eigentümer des Grundstücks wurde über die Aktion verhandelt. Er überlässt der Biologischen Station Gütersloh / Bielefeld und dem NABU Kreisverband Gütersloh die Gewässer zur Ansiedelung von Amphibien.
In unmittelbarer Nähe des Gewässers befindet sich bereits eine kleine Population von Kammmolchen. Die Chance, dass die Amphibien die verbesserten Bedingungen zur Reproduktion an einem sanierten Gewässer annehmen, ist dadurch sehr hoch. Das ist aber nur sehr behutsam möglich. Greift man zu sehr in die Struktur des Lebensraumes ein, verscheucht man die schutzbedürftigen Wasserdrachen am Ende noch.
Zur Förderung des gefährdeten Kammmolches wurden bereits folgende Maßnahmen durchgeführt:
Optimierung der Gewässer
Die südlichen Uferbereiche wurden von Gehölzen befreit, das bewirkte eine Gewässeroptimierung.
Durch den höheren Lichteinfall kann die Wassertemperatur im Uferbereich ansteigen und weniger Laubmengen gelangen in die Gewässer.
Nährstoffreiche Schlammschichten wurden mit Hilfe von Baggerarbeiten entfernt. Der Gewässergrund wurde mit unterschiedlichen Tiefen versehen und damit strukturreicher angelegt. Die Ufer wurden abgeflacht, um Warmwasserbereiche für die Amphibien zu schaffen.
Geplante Maßnahmen des NABU
Von März bis September – je nach Witterung – lebt der Kammmolch im Wasser, anschließend bewegt er sich an Land und sucht sich verschiedene Tagesquartiere. Zu diesen Tagesquartieren gehören unter anderem aufgeschichtete Steinhaufen, Baumstämme und Laubschichten im Gras- und Buschland und an Laubwaldbereichen.
Damit er diese Quartiere erreichen kann, läuft er oberirdisch, ungeschützt über Felder und Wiesen. Die Gefahr, Fressfeinden an Land zum Opfer zu fallen, ist groß. Dazu zählen Mäusebussard, Turmfalke, Igel, Schlangen und auch die Spitzmaus.
Für seine kurzen Beine ist jede Unebenheit wie hohes Gras schwer zu überwinden. Darum soll die Bepflanzung um die oben genannten Gewässer von Schafen kurzgehalten werden. So bekommt der Wasserdrache den nötigen Schutz durch das Gras und kann sich im Notfall in Vertiefungen des Bodens drücken, um nicht auf den ersten Blick sichtbar für seine Feinde zu sein. Dafür wurde im März 2019 ein Schafszaun rund um das Grundstück aufgestellt. Der Zaun wird aus Mitteln des NABU Kreisverband Gütersloh finanziert und von ehrenamtlichen Mitarbeitern aufgestellt.
Damit der Kammmolch hier eine Zukunft hat, pflegen wir vom NABU seit Jahren Land und Gewässer.
Untersucht werden auch weitere Gewässer auf vorhandene Kammmolch-Populationen im Kreisgebiet. Unser Bestreben ist es weitere Teiche und angrenzende Landhabitate für den Molch zu sanieren. Das Anliegen unseres Projektes ist es die Tiere zu behüten und den Gewässerschutz für Amphibien voranzutreiben.
Dafür benötigen wir ausreichend Manpower und finanzielle Mittel.
Wer sich an unserem Projekt beteiligen möchte, kann das in Form einer kleinen Spende (gern gegen Spendenbescheinigung) tun oder durch persönlichen Einsatz realisieren.
Martina Vogt für den NABU Gütersloh