Belarus will Vogelschutzverband APB verbieten!

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Der belarusische Diktator Alexander Lukaschenko lässt eine Nichtregierungsorganisation nach der anderen verbieten. Er selbst spricht davon, sie zu „massakrieren“. Foto-Montage

Jetzt wird’s richtig wild: Der belarusische Machthaber Alexander Lukaschenko will die wichtigste Umweltorganisation des Landes unterbinden. Der Vogelschutzverband APB, der den Vogel des Jahres wählt, soll verboten werden.

Der belarusische Vogelschutzverband APB ist einer der letzten noch nicht verbotenen NGOs in Belarus. Wegen „staatszersetzender Aktivitäten“ soll nun (Quelle: riffreporter.de) auch er nach dem Willen der Lukaschenko-Regierung verboten werden. Beweismittel stelle ein per Twitter verbreiteter Slogan „Die Vögel sind mit dem Volk“ dar, der zum Umsturz aufwiegeln soll. Die Vogelschützer bestreiten, dass der Tweet von ihnen stammt.

Es gab gerade eine freie Wahl in Belarus. Die Wahl zum Vogel des Jahres. In diesem Jahr hat die Lasurmeise den Titel errungen. Mit ihr könnte jedoch die jährlich durchgeführte Wahl enden. Denn der Vogelschutzverband APB, steht kurz vor dem Verbot. Der Staat hat die Naturschützer, deren Logo er auf Briefmarken selbst verbreitet, als Staatsfeinde ausgemacht. Er will die Naturschützer auf Basis eines Gesetzes verbieten, das Vereinen die Verbreitung von Kriegspropaganda oder andere extremistische Aktivitäten untersagt. Entschieden wird über die „Liquidierung“ der größten Umwelt-NGO des Landes am Freitag, 18.03. vor dem Obersten Gerichtshof in Minsk.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Vogelschützern extremistische Propaganda vor. „Unter dem Deckmantel der freiwilligen Arbeit zur Rettung von Vögeln führt die Organisation APB auf dem Territorium der Republik Belarus extremistische Aktivitäten durch, die auf die Störung der sozialen und politischen Lage im Lande abzielen“, lautet es im Verbotsantrag.

Einziges Belastungsmaterial der Staatsanwaltschaft ist eine Kurznachricht auf Twitter, in welcher unter dem Logo des Vogelschutzverbandes auf den Künstler Anton Redzionau verwiesen wird, der auf seinem Instagram-Account eine Bilderserie mit dem Titel „Vögel mit dem Volk“ zeigt. Klickt man sich durch die Fotos, findet man u.a. Vögel, die Bänder in den Farben der belarusischen Nationalflagge Weiß-Rot-Weiß im Schnabel haben. Die Nationalflagge ist zu einem Symbol der Opposition geworden, seit Hunderttausende Menschen sie bei ihren Protesten gegen die gestohlene Wahl im Sommer 2020 schwenkten. Dabei kam es zu etlichen Verhaftungen, einzig, weil die Menschen die Nationalflagge aus dem Fenster hielten.

APB-Geschäftsführer Alexandre Vintchevski weist die Vorwürfe energisch zurück. Auch der Tweet stamme nicht von seiner Organisation, sagt er in einem Zoom-Gespräch aus Minsk. APB sei immer mit Bedacht eine unpolitische Organisation gewesen und sei deshalb sogar kritisiert worden, betont Vintchevski. „Wir haben den Kritikern entgegnet, dass einige der wertvollsten Naturgebiete in ganz Europa von Zerstörung gefährdet wären, wenn wir unsere Arbeit einstellen müssten“, begründet er die demonstrativ apolitische Haltung des Verbandes. „Jeder hat seine eigene Meinung und tut als Privatmensch, was er für richtig hält“, betont er.

„Als Organisation beziehen wir weder für noch gegen die Regierung Stellung – außer in fachlichen Fragen“, betont der Naturschützer immer wieder die strikte Trennung zwischen privatem Engagement und den Verbandsaktivitäten. Mit dieser Linie hat es die APB bislang als eine der wenigen Organisationen geschafft, der staatlichen Repression zu entgehen und unter schwierigsten Bedingungen Erfolge für den Natur- und Klimaschutz zu erzielen.

Dazu gehört die Renaturierung von zehntausenden von Hektar trockengelegter Moore zugunsten von Klima- und Naturschutz. Auch wegen der Arbeit der Vogelschützer ist Belarus heute ein wichtiger Player im natürlichen Klimaschutz und weltweit führend bei der Wiederherstellung von Torfgebieten. Die Ausweisung riesiger Naturschutzgebiete von europaweiter Bedeutung ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit der 25.000 Freiwilligen und rund 1000 Mitglieder der APB. Dass das nicht ohne Konflikte ablief, ist klar. Aber selbst aus vielen Ministerien erhalte man bis heute Zuspruch, berichtet Vintchevski.

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Facebook-Screenshot NABU Bundesverband vom 17.03.22

Lukaschenko kündigte an, NGOs zu „massakrieren“

Die Chancen für APB, einem Verbot zu entgehen, stehen schlecht – das wissen auch die Vogelschützer. Denn die systematische Niederschlagung der Zivilgesellschaft und ihrer Organisationen ist das erklärte Ziel von Machthaber Lukaschenko. Die Liste der verbotenen Organisationen ist lang. Sie reicht vom „Zentrum für die Rechte behinderter Menschen“, über Menschenrechtsgruppen bis hin zum „Verein der Tierliebhaber“.

„Alle Organisationen, die unabhängig sind, sollen ausgeschaltet werden“, sagt Menschenrechtler Büttner. „Das müssen nicht einmal kritische oder politische Organisationen sein – es reicht aus, einfach nur außerhalb staatlich kontrollierter Strukturen aktiv zu sein.“

Bis zum Januar 2022 sind nach Angaben von Menschenrechtlern landesweit in Belarus fast 350 Nichtregierungsorganisationen verboten worden. Mehr als 200 kamen dem Schritt durch Selbstauflösung zuvor.

Lukaschenko hat die Praxis in einem BBC-Interview im November in drastischen Worten bestätigt. „Wir werden all den Abschaum massakrieren, den sie (das Ausland) finanziert haben“, sagte er dem BBC-Reporter Steve Rosenberg mit Blick auf die Nichtregierungsorganisationen. Selbst Tierschutzverbänden warf er vor, in Wirklichkeit die Revolution anstacheln zu wollen. Für alle aus dem Ausland unterstützten Organisationen gelte: „Wenn wir sie nicht bereits liquidiert haben, werden wir das in naher Zukunft tun“, sagte der Staatschef.

Trotzdem setzt die APB auf die Überzeugungskraft von Argumenten – und internationale Solidarität. Dutzende Organisationen aus aller Welt haben sich in Schreiben an Lukaschenko für den Partnerverband eingesetzt. Auch die internationale Zertifizierungsstelle für nachhaltiges Holz, FSC, hat sich den Protesten angeschlossen und die Vergabe des Gütesiegels an Belarus wegen der Unterstützung des Krieges in der Ukraine, aber auch wegen des drohenden APB-Verbots ausgeschlossen. Damit verliert Belarus Millioneneinnahmen aus dem Holzhandel.

Zur entscheidenden Verhandlung vor dem Obersten Gericht am Freitag haben sich auch die Botschafter mehrerer westlicher Staaten, darunter Deutschland, angesagt. Ob diese Solidaritätsaktion hilft, ist offen. Vintchevski ist auf alles vorbereitet: Sollte seine Organisation verboten werden, will er als letzte Amtshandlung als Geschäftsführer auf den Stufen des Obersten Gerichts den Vogel des Jahres 2023 bekanntgeben. Quelle: Link zur Website riffreporter.de

Die Einstellung des am Freitag, 18.03., begonnenen Verbotsverfahrens gegen seinen belarussischen Partnerverband „APB/Birdlife Belarus“ fordert der Landesbund für Vogelschutz (LBV) mit Sitz in Hilpoltstein, Landkreis Roth heißt es auf der Website des Bayerischen Rundfunks. Das Verfahren müsse umgehend gestoppt werden, heiß es in einer LBV-Mitteilung.

Gibt keinen Grund für das Verbot

„Noch ist Zeit, das vollkommen unbegründete Verfahren gegen APB fallenzulassen und einem international hoch respektierten Vogel- und Naturschutzverband zu ermöglichen, seine wichtige Arbeit zur Bewahrung der Natur in einem der biodiversitätsreichsten Länder Europas fortzusetzen“, appelliert der LBV an die belarussischen Behörden und die Justiz des Landes.

Der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer verweist unter anderem auf die übereinstimmenden Ziele beider Verbände: „APB macht die gleiche Arbeit in Belarus, die wir in Bayern machen.“ Es gebe an keinem Ort der Erde einen berechtigten Grund, eine Organisation dafür zu verbieten.